Aortenklappenimplantation
Die Verengung der Aortenklappe (Aortenklappenstenose) ist heute die dominierende Klappenerkrankung insbesondere bei älteren Menschen. Angesichts der steigenden Lebenserwartung wird die Häufigkeit dieser Erkrankung in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Fast ein Drittel aller Patienten mit einer symptomatischen Aortenklappenstenose ist wegen hohen Alters nicht operationsfähig. Für solche Patienten steht heute mit der kathetergestützten Klappenimplantation (perkutane transfemorale Aortenklappenimplantation) ein schonendes Therapieverfahren mit sehr guten Langzeitergebnissen zur Verfügung.
Die degenerative, kalzifizierende Aortenstenose ist der häufigste erworbene Herzklappenfehler. Durch wechselnde Druckverhältnisse während der Herzaktion sowie schnell strömendes Blut ist besonders die Aortenklappe einer hohen mechanischer Belastung ausgesetzt. Zum Ende der zweiten Lebensdekade weisen die meisten Klappen bereits altersbezogene Veränderungen wie Kalzifikation, Fibrosierung oder Verdickungen auf. Diese degenerativen, teils entzündlichen Veränderungen nehmen mit dem Alter zu und können die Klappenfunktion bis hin zu einer hochgradigen Stenosierung einschränken.
Patienten mit Aortenklappenstenose sind im Verlauf ihrer Erkrankung typischerweise lange Zeit beschwerdefrei. Sobald jedoch Symptome wie Angina pectoris, Synkopen und Dyspnoe auftreten verschlechtert sich ihre Prognose dramatisch. Die mittlere Überlebenszeit variiert zwischen 5 Jahren bei Angina pectoris und nur 2 Jahren bei Auftreten von Symptomen Herzinsuffizienz.
Das Standardtherapieverfahren bei symptomatischen Patienten ist der operative Aortenklappenersatz am offenen Herzen, der trotz notwendigem Einsatz der Herz-Lungen-Maschine, bei Patienten ohne relevante Begleiterkrankungen mit relativ geringem Risiko durchgeführt werden kann. Häufig gehören die betroffenen Patienten aber schon auf Grund ihres fortgeschrittenen Lebensalters (8. oder 9. Lebensjahrzehnt) und entsprechenden Komorbiditäten (Niereninsuffizienz, pulmonale Hypertonie, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, begleitende koronare Herzkrankheit) einem Hochriskokollektiv an mit entsprechend signifikant erhöhter perioperativer Morbidiät und Letalität. Bei einem erheblichen Anteil älterer Hochrisikopatienten wird deshalb eine Klappenersatzoperation abgelehnt. Als ultima ratio Therapie stand bisher nur die weniger belastende Aortenklappenvalvuloplastie, also die Aufsprengung der Aortenklappe, mit Hilfe eines Ballons, unter palliativem Aspekt zur Linderung der Beschwerden zur Verfügung.
Mit der Entwicklung des perkutanen, katheterbasierten Aortenklappenersatzes eröffnet sich durch die interventionelle Kardiologie bei bisher inoperablen Hochrisikopatienten eine minimal invasive Alternative zum chirurgischen Aortenklappenersatz.
Nach einer zuvor durchgeführten Klappensprengung wird eine auf der Katheterspitze montierte Bioprothese in die Aortenklappenposition vorgeführt und dort entweder selbstexpandierend durch Rückzug des Katheters oder durch Ballonexpansion positioniert. Die alte Klappe wird an die Wand gedrängt und stabilisiert die implantierte Prothese in ihrer Position. Im Jahre 2002 wurde die erste perkutane Implantation einer Aortenklappenprothese beim Menschen von Alain Cribier durchgeführt. Seit 2007 werden Aortenklappenprothesen minimal invasiv im Kölner Herzzentrum implantiert, darunter die weltweit erste perkutane Implantation einer Aortenklappenprothese in eine bereits operativ implantierte degenerierte Bioprothese durch Prof. Baer und Priv.-Doz. Dr. Strauch (s. Abb).
Festlegung der Klappengröße und Feinjustierung der Klappenposition durch 2D und 3D real time transösophageale Echokardiographie (3D-TEE). Stenosierte Aortenklappe im Längsschnitt mit Darstellung des linksventrikulären Ausflusstraktes (links im Bild) und der Aorta ascendens (rechts im Bild). Der Führungsdraht (Stiff wire) liegt in der stenosierten Klappe.
Mit einer hochfrequenten Schrittmacherstimulation wird das Auswurfvolumen des Ventrikels und die Auslenkung der Aortenbasis reduziert und die Prothese während des kritischen, weil irreversiblen, Implantationsvorgangs in ihrer Position stabilisiert. Der perkutane, transfemorale Zugangsweg setzt allerdings voraus, dass eine ausreichende Weite (>7mm) und Beschaffenheit (wenig Verkalkungen, kein Kinking) der Bein- und Beckenarterien gegeben ist. Dies ist bei alten Hochrisikopatienten häufig nicht der Fall, so dass auf den perkutanen transfemoralen Zugangsweg verzichtet wird und die Aortenklappenbioprothese ohne Einsatz der Herz-Lungenmaschine direkt transapikal implantiert wird. Bei diesem Verfahren wird durch den Herzchirurgen die Spitze des linken Ventrikels durch eine Minithorakotomie dargestellt und nach einer Punktion der Herzhöhle die Bioprothese über eine Schleuse antegrad in die Aortenklappenposition vorgeführt. Unter Hochfrequenzstimulation wird die Prothese durch Ballonexpansion implantiert und nach Rückzug der Schleuse der linke Ventrikel und die Minithorakotomie verschlossen. Mit dem transapikalen Zugangsweg steht im Kölner Herzzentrum auch bei Patienten mit schweren atherosklerotischen Veränderungen der Beingefäße eine wesentlich weniger belastende Behandlungsoption im Vergleich zum konventionellen Aortenklappenersatz zur Verfügung.
Die Behandlungsergebnisse mit dem perkutenen Aortenklappenersatz sind ermutigend. Aktuelle Studien zeigen ein gutes hämodynamisches Akutergebnis mit sofortiger Verbesserung der Klappenfunktion bei häufig zu beobachtender nicht bedeutsamer Aortenklappeninsuffizienz durch paravalvuläre Lecks. Betrachtet über einen 3-jährigen Beobachtungszeitraum liegt der mittlere Gradient bei 15 mmHg und die Klappenöffnungsfläche bleibt im Mittel stabil bei 1,6 cm2 . Strukturelle Klappenveränderungen im Sinne einer progredienten Kalzifizierung ließen sich bisher nicht beobachten.
Aktuell ist der minimal invasive perkutane Aortenklappenersatz betagten Hochriskopatienten vorbehalten. Mit weiterer Miniaturisierung der Implantationskatheter und der Möglichkeit fehlimplantierte Klappen ohne operative Maßnahmen zu extrahieren oder zu repositionieren wird sich das Indikationsspektrum zukünftig erweitern. Mit einer optimierten Patientenselektion und Feinjustierungsmöglichkeiten der Klappenposition in der kritischen Implantationsphase, z. B. durch die real-time 3D- Echokardiographie, ist unter Voraussetzung einer engen Kooperation zwischen Kardiochirurgen und Kardiologen die interventionelle Behandlung der Aortenklappenstenose im Herzkatheterlabor oder im Hybrid-OP als Alternative zur Operation am offenen Herzen in greifbare Nähe gerückt. In dieser Hinsicht bietet das Kölner Herzzentrum mit seiner optimalen Infrastruktur, unter Einschluss eines hochmodernen Hybrid-OP mit integriertem Kathetermessplatz, ideale Voraussetzungen für die Weiterentwicklung minimal invasiver Therapieoptionen im Grenzbereich zwischen Operation am offenen Herzen und perkutanen Interventionstechniken. Im Rahmen des Kooperationsvertrages mit dem Herzzentrum profitieren auch Patienten des St. Antonius Krankenhauses von den neuen interventionellen Klappenersatztechniken.